Brienna de Montfort: Der Schwan und der Rabe

 Es begab sich
in uralter Zeit,
einer Zeit so grau,
da liebten sich
ein Schwan und ein Rabe
im Morgentau.

Zwei Wesen so verschieden,
so wunderschön,
eine Liebe,
die verdammt war,
unterzugehen.

Zwei Herzen im Einklang,
zwei Seelen vereint,
doch niemand,
der um diese unglückliche Liebe weint.

Die Nebel des Morgens,
sie schwanden dahin,
es folgte der Tag
mit herzlosem Sinn.

Der Liebenden Seele,
sie brach berstend entzwei,
ohne Hoffnung auf Rettung,
einerlei.

Der Schwan und der Rabe,
dies ungleiche Paar,
heller als die Sonne
ihre Liebe doch war.

So schworen sie
bei der Weite des Himmels und der Sterne,
sich zu lieben für ewig,
auch aus der Ferne.

“Du bist mein Stern in dunkelster Nacht,
ein Rabe,
wer hätte das gedacht.”

“Du bist meine Sonne,
mein funkelndes Herz,
ein Schwan meine Liebe,
wie ertrag’ ich den Schmerz?”

Die Worte verhallten im Strome der Zeit,
die Liebenden getrennt für die Ewigkeit.

Doch so wie sie geschworen einst,
bei der Tiefe der Nacht,
hat ihre Liebe ein Wunder vollbracht.

Denn sind wir auch,
du und ich,
wie Schwan und Rabe
so verschiedentlich,
mag uns der Raum und die Zeit auch trennen,
so sind wir eins,
an unseren Seelen so leicht zu erkennen.

Glaube nicht das,
was das Äußere dir weismachen will,
sondern vertrau’ auf dein Herz …!

Und die Zeit, sie steht still!

 

(Lyrik von Brienna de Montfort, Bogen)

 


 

Alle Rechte der Texte verbleiben ausschließlich bei den Autoren. Eine Verbreitung, auch auszugsweise, ist – egal, in welcher Form – nur mit ausdrücklicher Genehmigung erlaubt.

Brienna de Montfort: Der Spielmann

Schon in längst vergangenen Zeiten
er zog durch die Lande,
den Menschen zur Freude,
Wonne er wollte bereiten.

Unstet sein Geist,
reiste er von Ort zu Ort,
immer auf der Suche,
seine Macht das gesungene Wort.

Die Magie seiner Musik,
seiner Instrumente Klang,
keines Menschen Herz konnte
sich entziehen seinem Bann.

Wer einmal hatte vernommen
seiner überirdischen Stimme Gewalt,
die magische Kraft seiner Worte,
der wollte glauben, reisen zu können
mit ihm an weit entfernte Orte.

Der Spielmann aber wurde verdammt,
zu sein ein Kind des Teufels,
von denen,
die ihn nicht verstanden.
Die, die ihn liebten,
ihn aber als eine Gabe der Götter empfanden.

Er,
der Herr des freien Gedankens,
der König der Herzen,
auch heute noch erobert des Menschen Geist,
denn wer einmal hat geblickt tief
in des anmutigen Raben dunkle Augen,
die in der Lage, zu öffnen auch das verschlossenste Herz,
der wird gerne sich lassen seiner Seele berauben.

So ist der Spielmann ein Mittler zwischen den Zeiten,
bereit, zu zeigen uns den wahren Sinn,
wofür zu leben, sich lohnt,
denn in seiner Brust wohl die empfindsamste aller Seelen doch wohnt.

Die,
die ihn so lieben wie er ist,
haben sich zum Danke verpflichtet,
denn der Spielmann
für sie auf die Anerkennung der übrigen Welt verzichtet.

Doch die Liebe der wenigen
ihm mehr bedeutet als aller Schein,
denn die Liebe der wenigen
seine unendliche Kraft auf ewig wird sein.

 

(Lyrik von Brienna de Montfort, Bogen)

 


 

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Brienna de Montfort: Eine Rose im Winter

 Eine Rose im Winter,
blutrot auf kristallenem Grund,
eiskalt der Schnee,
geküsst von deinem Mund.

Eine Rose im Winter,
wie diese so fühlte man sich,
wusste ich doch,
du liebtest nur mich.

Doch die Kälte der Nacht
sie brach der Rose Herz,
so,
wie du mein Herz gebrochen.
Hattest du mir nicht dereinst
die Ewigkeit versprochen?

Eine Rose im Winter,
sie steht für deine Liebe zu mir.
Versprochen bis zum jüngsten Tag –
doch zu blühen, nur einen unvergesslichen Sommer sie vermag.

 

(Lyrik von Brienna de Montfort, Bogen)

 


 

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Brienna de Montfort: Der Töpferlehrling

Es war einmal vor langer Zeit in einem Land jenseits der Berge, wo tiefe Wälder noch Schutz boten und Fremde selten ihr Glück suchten. In einem sonnendurchfluteten Tal, an einem munter plätschernden Bach, da stand das bescheidene Haus eines alten Töpfers, der, mit sich und der Welt im Einklang, die wunderschönsten Dinge aus Ton formte, die man sich nur vorstellen konnte. Ein jedes Werk war verschieden, einzigartig in seiner Art.

Wenn man ihn fragte, warum dies so wäre, so antwortete er mit einem versöhnlichen Lächeln, dass Gott ja auch jedem Ding seine Einzigartigkeit gegeben hätte, wenn man denn genau hinsehen wollte, sprach’s und ging seinem Tagwerk voller Hingabe weiter nach.
So sehr der Meister zufrieden und glücklich mit diesem Leben war, so unzufrieden und unglücklich war sein Lehrling.
Noch jung an Jahren, wenig von der Welt gesehen und Rastlosigkeit im Herzen, kämpfte er Tag für Tag mit den Dämonen der Unzufriedenheit, die sein Herz zerfraßen.
So oft der Meister auch mit Liebe und Geduld versuchte, ihm das Handwerk zu erlernen, so wurde er ein jedes Mal bitter enttäuscht, denn das, was sein Lehrling unter seinen Händen zu formen im Stande war, ließ tief in seine gepeinigte Seele blicken und verhieß nichts Gutes.
Der alte Meister seufzte schwer, erkannte er doch das Spiegelbild seiner selbst vor ach so vielen Jahren in den Zügen seines Schützlings wieder.
Da er um dessen Zerrissenheit wusste, um den Kampf, der in ihm tobte, beschloss er, ihm zu helfen.

Am folgenden Morgen, der Tau benetzte noch den Waldesgrund, da schickte er den Lehrling tief in den Wald hinein, er solle zwölf Ruten dreier verschiedener Hölzer suchen, um eine besondere Glasur für die Töpferware brennen zu können.
Ein Murren auf den Lippen und mit düsterem Blick machte sich der Jüngling auf, dem Meister, wenn auch widerwillig, zu gehorchen.
Schon nach kurzer Zeit fand er das Erste der drei verschiedenen Hölzer und schnitt vier Ruten davon zurecht. Auch für die zweite Art brauchte er nicht lang, und seine Miene hellte sich zusehend auf ob seines vermeintlich schnell erledigten Tagwerks, als er die zweiten vier Ruten sein Eigen nennen konnte. Die Zeit verging, und die Sonne stand bereits hoch am Himmel, doch das dritte geforderte Holz wollte sich beim bestem Willen nicht finden lassen.
Die Miene des Lehrlings verfinsterte sich wieder, wie so oft, wenn die Unzufriedenheit sich seiner bemächtigte, denn er wollte auf gar keinen Fall ohne die geforderten Ruten nach Hause kommen.
Er hasste das Gefühl tief in ihm, das ihm einreden wollte, versagt zu haben, nicht gut genug zu sein, seinem alten Meister niemals im Leben “das Wasser reichen zu können”. So stolperte er zornig weiter in den Wald hinein, düstere Gedanken vor sich hin brütend.
Es war bereits später Nachmittag, er hatte noch immer nichts gefunden und wollte gerade die enttäuschten jugendlichen Segel streichen, da vernahm er ein leises Rufen.
“Angus … Angus …” 
Er blickte erschrocken suchend um sich, konnte aber niemanden entdecken.
“Angus … Angus …”
Seit seiner Eltern frühen Tod vor ach so vielen Jahren hatte er nicht mehr seinen Vornamen gehört, nannte der alte Töpfermeister ihn doch zumeist “Kleiner” oder “Junge”. Wer konnte ihn da nur rufen, seinen Namen kennend?
Er drehte sich im Kreis, bis es ihm fast schwindlig wurde. Da sah er ihn.
Der Busch des dritten Holzes wuchs nicht weit von ihm am Rand der Lichtung, in deren Mitte er in den letzten Strahlen der Nachmittagssonne verweilte.
Etwas merkwürdig erschien er ihm, denn obschon ein einziger Busch waren die Farben seiner Ruten zweigeteilt. Die eine Hälfte war etwas dunkler als die andere, doch zusammen ergaben sie eine wundersame Einheit. So nahm er flugs sein Schneidemesser zur Hand, wollte er doch endlich sein Tagwerk vollbringen, da hörte er wieder diese seltsam, ihm irgendwie wohl vertraute Stimme, die aus dem Busch zu kommen schien.
“Angus … Angus … mein guter Junge … Was grämst du dich so sehr? Hast du nicht ein gutes Leben? Einen guten Meister, Hände Arbeit, genügend Essen und ein weiches Lager in der Nacht? Warum bist du so zornig und dein Herz so zerrissen? Höre, was ich dir mit auf den Weg geben will:

Wenn du nicht Kiefer sein kannst auf dem Hügel,
sei ein Busch im Tal –
aber sei der schönste kleine Busch am Ufer des Baches.
Sei ein Busch, wenn du kein Baum sein kannst.
Wenn du kein Busch sein kannst, sei ein Büschel Gras
und steh heiter am Wegesrand.

Wenn du kein Hecht sein kannst,
sei einfach ein Barsch,
aber der munterste Barsch im See.

Nicht nur Kapitän,
auch Mannschaft muss sein,
für alle von uns ist Platz.
Viel Arbeit ist zu tun und wenig,
doch die Pflichten, die wir haben, sind gleich.

Wenn du keine Straße sein kannst,
sei nur ein Pfad.
Wenn du die Sonne nicht sein kannst,
so sei ein Stern in der Nacht.

Es ist nicht die Größe,
nach der du siegst oder fällst.
Sei das Beste,
was immer du bist!

Spät am Abend, die Sonne war schon lange untergegangen, und die Sterne leuchteten hell am Himmel, so hell, dass er ohne Mühe seinen Weg finden konnte, da kehrte der Lehrling frohen Herzens mit federleicht geschulterten Ruten, zwölf an der Zahl, vier von jeder Art, nach Hause zurück.
Schon aus der Ferne hatte der alte Töpfer sein munteres Pfeifen vernommen. Mutter Natur hat wohl wieder ihr gutes Werk getan, dachte der Alte wissend um das Geheimnis des Waldes, und ein zufriedenes Lächeln erhellte auch seine wettergegerbten Züge.

Und wenn … ja, wenn eure Neugierde geweckt und eure Herzen bereit sind, ja dann …
Dann erzähle ich euch, was der Töpferlehrling aus seinem Erlebnis im Wald und aus seinem Leben gemacht hat.
Aber dies ist eine neue Geschichte …

(Erzählung von Brienna de Montfort, Bogen)

 


 

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